Zettelkasten

Mehr Wissen Schaffen: Kombiniere die Zettelkasten Methode und Building a Second Brain

Wie man diesen Artikel liest

Dieser Artikel ist in zwei Hälften aufgebaut. Zunächst fasse ich die Methode Building a Second Brain (BASB) zusammen. Anschließend vergleiche ich sie mit der Zettelkastenmethode (ZKM). Dabei werde ich zuerst auf die Unterschiede eingehen, weil sie dabei helfen können, BASB und die ZKM tiefer zu verstehen. Danach werde ich erläutern, wie man BASB und die ZKM miteinander vereinbaren kann. Kleiner Spoiler: Sie lassen sich hervorragend miteinander kombinieren.

Ich habe selbst einige Veränderungen in meiner Arbeitsweise vorgenommen. Diese werde ich als Beispiele am Ende beifügen.

Das ultimative Ziel von Building a Second Brain ist innere Harmonie

Was fühlte Robin Hood, als mit dem Bogen auf seinen eigenen Pfeil im Zentrum seiner Zielscheibe zielte, bevor er ihn spaltete? Von allen Antworten gefällt mir die Folgende am Besten: Ein Einsein mit der Welt mit einem Bewusstsein, dass von all seinen Inhalten befreit war. Zen. Die perfekte innere Harmonie.

Foto von Artem Kniaz auf Unsplash

Jede Form von Selbstmanagement ist ein Versuch, ein Stück dieser inneren Harmonie zu erlangen. Es ist daher kein Zufall, dass David Allen in Getting Things Done immer wieder verspricht, durch sein System einen “Geist, klar wie Wasser” zu erhalten.1 Forte steht mit Building a Second Brain (BASB) in der Tradition von Getting Things Done. Das schreibt er nicht nur ausdrücklich.2
Es schlägt sich in Ratschlägen nieder wie diesem:

Machen Sie sich nicht die Mühe, jeden Punkt zu analysieren, zu interpretieren oder zu kategorisieren, um zu entscheiden, ob er hervorgehoben werden soll. Das ist viel zu anstrengend und unterbricht das Fließen Ihrer Konzentration. Verlassen Sie sich stattdessen auf Ihre Intuition, wann eine Passage interessant, kontraintuitiv oder relevant für Ihre Lieblingsprobleme oder Ihr aktuelles Projekt ist.3 (Meine Übersetzung und Hervorhebungen)

Wissensarbeit zeichnet sich dadurch aus, dass Aufgaben nicht gegeben sind, sondern als solche erst einmal erkannt werden müssen.4 Diese Unklarheit, wie man etwas zu verstehen hat und was man damit tun soll, ist der Zustand der psychischen Entropie. Dabei fühlen wir Nervosität, Verunsicherung und Ängstlichkeit. Der englische Ausdruck dafür ist “anxiety”.5

Jede Form von Selbstmanagement ist letztlich eine Methode der Verwaltung psychischer Entropie. Das gilt auch für Building a Second Brain:

BASB ist ein Hybrid aus (1) Informationsmanagement- und (2) Projektmanagementsystem. Es basiert auf GTD und enthält Anpassungen für das Sammeln von Inhalten für Projekte.

(1) Building a Second Brain ist ein Informationsmanagementsystem. Die Verarbeitung von Quellen ist weder im Fokus des Systems, noch ist die Weise der Informationsverarbeitung fest integrierter Bestandteil des Systems. Die progressive Zusammenfassung, die Forte vorschlägt, ist keine Verarbeitungsmethode von Information, sondern eine Aufbereitungsmethode von Quellen. Die Stärken von BASB liegen in der Verwaltung.

Während sich das “Zweitgehirn” nicht von der Quelle löst, beginnt die Arbeit mit dem Zettelkasten erst dann, wenn wir die Ideen und Gedanken aus der Quelle gelöst haben und ihnen einzelne Zettel gewidmet haben. Dies ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen BASB und der ZKM. BASB ist ein System zur Quellenverwaltung, ZKM ist ein Methode zur Arbeit mit Ideen und Wissen. Darauf werde ich später noch eingehen.

(2) Building a Second Brain ist ein Projektmanagementsystem. Die Ausrichtung des gesamten Systems nach der Handlungswirksamkeit ist besonders durch am Ablagesystem PARA zu erkennen.6 Die vier Teile (Projects, Areas, Ressourcen, Archive) sind an einer Hierarchie der Dringlichkeit ausgerichtet. Gleichzeitig wird eine Verbindung zwischen der Dringlichkeit und der Wichtigkeit hergestellt, denn abschlossene Projekte sind “die Durchblutung des Systems”.7 Wichtigkeit und Dringlichkeit sind die Kategorien von Projekten und Aufgaben. Das Gesamtsystem spricht gewissermaßen die “Sprache der Handlung”.

Im Gegensatz dazu spricht die Zettelkastenmethode die “Sprache des Wissens”. Im Zettelkasten gibt es so etwas wie Wichtigkeit oder Dringlichkeit nicht. Jeder Zettel hat lediglich eine Reihe von Beziehungen zu anderen Zetteln, welche die Beziehungen der darin enthaltenen Gedanken repräsentieren.

Für wen ist Building a Second Brain?

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BASB ist allgemein für Menschen, die ihre Informationsströme und Quellen projektorientiert verwalten wollen. Doch die wohl wichtigste Zielgruppe sind Menschen, die sich durch offene Aufgaben und die moderne Informationsflut überfordert fühlen.

Es gibt meiner Erfahrung nach vor allem zwei Typen von Überforderungen, die sich auf den beiden Komponenten der Temperamenteigenschaft von Offenheit beziehen lassen.

  1. Openness to Experience. Als Glaubenssatz formuliert würde diese Eigenschaften lauten: Was neu ist, ist wahrscheinlich gut. Weil wir in einem Zeitalter der Informationsinflation leben, werden wir mit Neuem überschüttet. Menschen mit einer hohen Openness to Experience leben in einem Informationsschlaraffenland. Doch die Menschen im Schlaraffenland sind nicht glücklich. Sie sind überfressen und überfordert. Sie wissen nicht, wohin mit sich. Und wer nicht weiß, wohin mit sich, fühlt anxiety.8 Man könnte Menschen mit einer hohen Openness to Experience mit Menschen vergleichen, die eine besonders starke Anfälligkeit für Fastfood und Süßigkeiten haben. Beide neigen zu erratischem Verhalten, das wiederum zu einer anxiety-erzeugenden Lebenswelt führen kann.
  2. Intellect. Als Glaubenssatz formuliert würde diese Eigenschaft lauten: Etwas ist interessant, wenn es eine Sache ist, die man untersuchen kann. Diese Menschen lieben das Analysieren und Konstruieren. Das sind diejenigen, die sich in der Analyse und der Konstruktion eines perfekten Systems verlieren. Sie laufen Gefahr, mehr an ihrem System zu arbeiten, als es für seinen eigentlichen Zweck einzusetzen. Sie können sich durch einen selbstgeschaffenen Informationsüberfluss überfordern, wenn sie ein ausgeklügeltes System von RSS-Feeds, Webclippern und anderen Techniken des Einfangens von Informationen und Informationsquellen aufbauen. Sie laufen aber auch Gefahr, zwecklose Forschung zu betreiben und dabei das projekt- und fristorientierte Arbeiten zu vernachlässigen.

BASB kann die Lösung für beide Typen von Überforderung liefern:

  1. Es erlaubt, mit wenig Aufwand Information und Quellen zu verwalten. Das hilft Menschen, die sich mit dem Überangebot von Informationen und Quellen überfordert fühlen.
  2. Es ist ausdrücklich projektorientiert. Das hilft Menschen, die vor lauter Interesse an der Sache das projektorientierte Arbeiten aus den Augen verlieren.

Anmerkung: Ich gehöre zur zweiten Gruppe mit meinem Intellekt im 96. Perzentil. Das ist auch der Grund, weshalb ich große Teile von BASB in mein eigenes Gesamtsystem aufgenommen habe.

Wie funktioniert BASB?

Wie jedes Managementsystem besteht BASB aus drei Komponenten:

  1. Dem System. Auf welche Weise sind die Ordner, Dateien, Inboxen usw. angeordnet?
  2. Dem Workflow. Auf welche Weise wird aus den Ressourcen das gewünschte Endergebnis?
  3. Den Gewohnheiten. Was sind die regelmäßig wiederkehrenden Handlungen, die ich vornehmen muss, damit das System seine Wirkung entfaltet, und instandgehalten wird?

Das System - PARA

PARA ist das Ablagesystem von BASB. Das Akronym steht für die vier Container Projects (Projekte), Areas (Verantwortungsbereiche), Ressources (Ressourcen) und Archive (Archiv).

In den meisten Programmen legst Du für jeden Container je einen Ordner an. Bei manchen Programmen gibt es jedoch keine Ordner. Daher spreche ich meist von “Containern”. Ich verstehe PARA jedoch als eine Manifestation eines allgemeinen Prinzips der Selbstorganisation: Das Eisbergprinzip der Selbstorganisation. Ich werde dies gegen Ende noch ausführlicher Beschreiben.

Projekte (engl. Projects) sind kurzfristige Bemühungen in Arbeit und Privatleben. Sie sind das, woran Du aktuell arbeitest.9
Sie haben einige für die Arbeit förderliche Eigenschaften:

  1. Sie haben einen Anfang und ein Ende (im Gegensatz zu einem Hobby oder einem Verantwortungsbereich).10
  2. Sie haben ein konkretes Ergebnis, dass erreicht werden soll und bestehen aus konkreten Schritten, die nötig und zusammen hinreichend sind, um dieses Ziel zu erreichen.11

Beispiel: 100 Kilo im Bankdrücken schaffen.

Verantwortungsbereiche (engl. Areas) betreffen alles, was man langfristig im Blick behalten will. Sie unterscheidet von Projekten, dass man bei ihnen kein Ziel verfolgt, sondern einem Standard halten will. Sie sind dementsprechend nicht befristet. Man könnte sagen, dass sie einen Anspruch an uns selbst und unsere Lebenswelt darstellen.12

Beispiel: Gesund und fit bleiben.

Ressourcen (engl. Resources) sind Themen, die allenfalls langfristig relevant oder nützlich werden könnten.13 Sie sind eine Sammelkategorie für alles, was weder Projekt noch Verantwortungsbereich ist. Es sind:14

  • Themen, die interessant sind.15 (English: Topic)
  • Untersuchungsgegenständige, die man erforschen will.16 (Englisch: Subject)
  • Nützliche Informationen für den späteren Gebrauch.17
  • Hobbies.18 (Anmerkung: Ich halte Hobbies für ein Verantwortungsbereich, weil auch Hobbies Standards haben).

Beispiel: Ein Trainingsplan, den man irgendwann mal ausprobieren will.

Das Archiv (engl. Archive) ist für alles Inaktive aus den obigen drei Kategorien.19
Es ist ein Lager für Beendetes und Aufgeschobenes.20

Beispiel: Ein alter Trainingsplan.

Alles miteinander verbunden: Verantwortungsbereiche, ihre Projekte und Aufgaben, angewandt auf zwei Beispielbereiche.

Die vier Container sind nach Handlungsrelevanz sortiert:21

  1. Projekte sind am handlungsrelevantesten, weil Du gerade daran arbeitest und eine Deadline hast.22 Dass man eine Deadline haben muss, ist dabei nicht ausschlaggebend, sondern nur, dass man aktiv daran arbeitet. Mein persönliches Kriterium dafür ist, dass ich mich mindestens einmal pro Woche an das Projekt setze.
  2. Verantwortungsbereiche haben einen längeren Zeithorizont und sind daher nicht unmittelbar handlungsrelevant.23
  3. Ressourcen werden erst in bestimmten Kontexten handlungsrelevant.24
  4. Archiviertes ist inaktiv, bis es gebraucht wird.25 Daher ist es kaum handlungsrelevant.

Dieses Vier-Ordner-System ist aus gutem Grund einfach gehalten: Komplexe Systeme erfordert zumeist eine aufwändige Wartung. PARA gibt diese Komplexität auf. CODE, der Workflow von BASB, ist auf ähnliche Weise einfach gehalten.

Der Workflow - CODE

Der Workflow von BASB gliedert sich in vier Schritte:

  1. Capture (Einfangen) umfasst alles, das Du Deine Inboxen füllst.
  2. Organise (Einordnen) meint die Ablage in das Ordnersystem PARA.
  3. Distill (Konzentrieren) meint die Bearbeitung von Quellen mit der Methode des progressiven Zusammenfassens.
  4. Express (Mitteilen) meint die Anwendung oder Veröffentlichung von Inhalten.

Zu Capture gibt Forte zwar einige Tipps. Ich halte sie jedoch nicht für essentiell dafür, BASB zu verstehen. Daher werde ich nicht näher auf diese eingehen.

Organise ist der Schritt, bei welchem wir die Inbox leeren und die Quellen in das System PARA eingliedern. Dabei benutzen wir die hierarchische Natur von PARA: Wir prüfen zuerst, ob die Quelle für etwas Dringliches zu gebrauchen ist und arbeiten uns dann zu weniger dringlichem vor:26

  1. Gehe zuerst alle aktiven Projekte durch. Ist die Quelle für das Projekt nützlich?
  2. Wenn nicht: Ist die Quelle für einen Verantwortungsbereich nützlich?
  3. Wenn nicht: Ist die Quelle eine nützliche Ressource?
  4. Wenn nicht: Archiviere die Quelle.

Distill beschreibt die Weise der Quellenbearbeitung. Dabei empfiehlt Forte die progressive Zusammenfassung:27

  1. Als erster Schritt der Bearbeitung wird die Erfassung gezählt. Das heißt: Die Quelle ist abgelegt. Bei Forte ist dies bereits bei Capture erreicht. Ich halte es jedoch für besser, diesen Schritt Organise zuzuweisen. Erst wenn wir die Quelle im PARA-System eingeordnet haben, können wir von einer ersten Bearbeitung sprechen.
  2. Wir lesen die Quelle und markieren die uns ins Auge stechenden Passagen fett.
  3. Wir markieren von dem bereits fett Markiertem das, was uns extra wichtig erscheint.
  4. Der letzte Schritt wäre dann die executive summary. Das heißt, dass wir die wichtigsten Stichpunkte der Quelle am Anfang des Dokuments auflisten.

Hier wird der Unterschied zur Zettelkastenmethode besonders deutlich. Zu keinem Zeitpunkt löst man sich innerhalb des Systems von der Quelle. Erst bei Express, dem nächsten Schritt von CODE, lösen wir uns von der Quelle.

Mit BASB bleiben bei der Verwaltung von Quellen stecken, weil wir uns nicht von der Quelle lösen. Dabei ist die Methode der Quellenbearbeitung recht leicht austauschbar. Selbst wenn wir die Quelle soweit bearbeiten, dass wir jeden einzelnen Gedanken herauslösen, wie es etwa bei der Zettelkastenmethode vorgesehen ist, könnten wir die einzelnen Gedanken ebenfalls in das PARA-System einordnen. Die progressive Zusammenfassung ist also keineswegs essentieller Bestandteil dafür, dass BASB funktioniert.

Die progressive Zusammenfassung steht aber im Geiste einer Weise der Arbeit:

Mach Dir nicht nicht die Mühe, jeden Punkt zu analysieren, zu interpretieren oder zu kategorisieren, um zu entscheiden, ob Du ihn markieren solltest. Das ist viel zu anstrengend und unterbricht den Fluss Deiner Konzentration. Verlass Dich stattdessen auf Deine Intuition, die Dir sagt, wann eine Passage interessant, kontraintuitiv oder relevant für Deine Lieblingsprobleme oder Dein aktuelles Projekt ist.28 (Meine Übersetzung)

Die progressive Zusammenfassung ist eher eine Technik, um sich nicht durch Wissensarbeit von einer projektorientierten Arbeitsweise ablenken zu lassen. Mehr dazu werden wir uns im Vergleich von BASB und der ZKM vor Augen führen. Deutlicher: Die progressive Zusammenfassung beinhaltet keine saubere Verarbeitung des Wissens.

Express bedeutet, dass Forte uns anregt, unser System tatsächlich für etwas zu verwenden. Forte gibt in diesem Abschnitt einige Tipps wie beispielsweise größere Projekte in kleine, leicht abzuarbeitende Schritte aufzuteilen.29 Aber mir scheint, dass dieser Schritt schon außerhalb des eigentlichen System der Bearbeitung und Verwaltung steht.

Die ersten drei Aspekte Capture, Organise und Distill betreffen den Input in das System PARA. Express besagt, dass wir das System benutzen sollten, damit es seine volle Wirkung entfaltet. Die erste der Schlüsselgewohnheiten erklärt, wie wir das System benutzen.

Die Schlüsselgewohnheiten

Systemrelevante Gewohnheiten sind Handlungen, die für die Wirksamkeit des Systems notwendig sind, und daher regelmäßig vorgenommen werden müssen. Wie bei allen Selbstmanagementsystemen gibt es zwei Typen von Gewohnheiten.

  1. Gewohnheiten der guten Benutzung des Systems. Durch diese Gewohnheiten zieht man größtmöglichen Nutzen aus dem System. Das sind im Falle von BASB die Projektchecklisten.
  2. Gewohnheiten der Instandhaltung des Systems. Durch diese Gewohnheiten behebt man die laufenden Schäden und Abnutzungserscheinungen. Das sind im Falle von BASB die Reviews.

Die Projektcheckliste

Es gibt zwei Checklisten: Eine zum Projektbeginn und die andere beim Projektabschluss. Die Checkliste zum Projektbeginn dient dazu, das System im vollem Umfang für das aktuelle Projekt zu nutzen. Die Checkliste am Ende des Projekts dient dazu, das abgeschlossene Projekt zur Verbesserung des Systems zu nutzen.30 Diese beiden Checklisten sind also als positive Rückkopplung angelegt:

Checkliste: Projektbeginn

  1. Sammeln (Collect): Sammle deine Gedanken zum Projekt. Was weißt du bereits darüber? Was weißt du nicht? Was ist dein Ziel? Welche Leute kannst du anzapfen? Was sind mögliche Quellen?31
  2. Rückblick (Review): Durchsuche die Ordner deines zweiten Gehirns nach nützlichen Informationen.32
  3. Suche (Search): Nutze die globale Suche, um den zweiten Schritt abzusichern. Manchmal tauchen nützliche Informationen an überraschenden Stellen auf.33
  4. Verschieben (Move): Verschiebe alle relevanten Notizen in den Projektordner.34
  5. Anlegen (Create): Erstelle eine Outline aus allem, was du im Projektordner gesammelt hast.35 Wichtig ist: Du planst lediglich das Projekt. Du arbeitest noch nicht direkt daran.36

Checkliste: Projektende

  1. Als erledigt markieren (Mark): Markiere das Projekt als erledigt in deinem Aufgabenemanagement und verarbeite noch etwaige lose Enden.37
  2. Das Ziel als erreicht markieren (Cross out): Markiere das mit dem Projekt verbundene Ziel als erreicht und verschiebe das Ziel in eine Liste “Erreicht”. Diese Liste von erreichten Zielen kann man als Motivation verwenden.38
  3. Sichten (Review): Sichte den Projektordner nach Inhalten, die du für andere Projekte verwenden kannst
  4. Verschieben (Move): Verschiebe den Projektordner von “Projekte” (PARA) ins Archiv (PARA)39
  5. Wenn Projekt inaktiv wird (If project is becoming inactive): Wenn du das Projekt abbrichst oder aufschiebst, stell sicher, dass du anfangen kannst, wo du aufgehört hast. Erstelle eine Notiz, mit allen nötigen Informationen, wie du weitermachen würdest und auch mit den Gründen, weshalb du aufgehört hast.40

Review

Alle Systeme verdrecken und verfallen, wenn sie nicht gepflegt werden. Forte stellt sich hier ausdrücklich in die Tradition von David Allens GTD.41 Ich halte diese Checklisten für recht selbsterklärend, also spare ich mir umschweifende Erklärungen.

Wöchentliches Review

  1. Leere die Email Inbox.42
  2. Sichte den Kalender.43
  3. Räume den Schreibtisch deines Computers auf.44
  4. Leere die Inbox deiner Notizensoftware.45 Dabei gibt es keinerlei Bearbeitung! Hier geht es nur darum, das Material in das PARA-System einzuordnen.
  5. Wähle die Aufgaben für die Woche.46

Monatliches Review

  1. Sichte und aktualisiere deine Quartalsziele.47
  2. Sichte und aktualisiere deine Projektliste.48
  3. Sichte deine Verantwortungsbereiche.49
  4. Sichte deine “Someday/Maybes”.50
  5. Aktualisiere, wie wichtig und dringlich die Aufgaben sind.51 (Im Original nur “reprioritize” genannt.)

Damit haben wir alle drei Aspekte System, Workflow und Gewohnheiten zusammen.

Zusammenfassung BASB

  • BASB ist ein Hybrid aus (1) Informationsmanagement- und (2) Projektmanagementsystem. Es basiert auf GTD. Die wichtigen Änderungen sind die Anpassung für das Sammeln von Inhalten für Projekte.
  • Das System PARA ist ein Vier-Ordnersystem das auf einer Hierarchie der Handlungsrelevanz angeordnet ist.
  • Der Workflow CODE betrifft hauptsächlich den Input in das System. Die Nutzung des Systems zur Veröffentlichung wird jedoch angeregt.
  • Die Projektchecklisten zu benutzen ist die Kerngewohnheit für die produktive Nutzung des Systems. Das System wird regelmäßig gewartet. Dafür sind die wöchentlichen und monatlichen Reviews gedacht.

Nachdem wir nun einen Überblick über Building a Second Brain gewonnen haben, werden wir dieses System mit der Zettelkastenmethode vergleichen.

Building a Second Brain und die Zettelkastenmethode im Vergleich

Vereinfacht zusammengefasst ist BASB ein Zubringersystem für die projektorientierte Selbstorganisation. Es ist besonders geeignet für Menschen, deren Projekte besonders von Quellenmaterial abhängen. Seltsamerweise scheint die Verarbeitung von Wissen beinahe als notwendiges Übel zu gelten, das möglichst automatisiert und vereinfacht werden soll. So schreibt Forte im Bearbeitungsschritt Distill:

Mach Dir nicht nicht die Mühe, jeden Punkt zu analysieren, zu interpretieren oder zu kategorisieren, um zu entscheiden, ob Du ihn markieren solltest. Das ist viel zu anstrengend und unterbricht den Fluss Deiner Konzentration. Verlass Dich stattdessen auf Deine Intuition, die Dir sagt, wann eine Passage interessant, kontraintuitiv oder relevant für Deine Lieblingsprobleme oder Dein aktuelles Projekt ist.52 (Meine Übersetzung)

Analyse, Interpretation und Einordnung von Quellen und der in ihnen enthaltenen Gedanken sind identisch mit der Verarbeitung von Wissen selbst. Deutlicher könnte es nicht sein: Die Verarbeitung von Wissen ist ausdrücklich nicht Teil von BASB.

Die Zettelkastenmethode ist dagegen eine Methode zu Verarbeitung von Wissen. Die Analyse der einzelnen Gedanken und ihre Beziehungen zueinander stehen klar im Mittelpunkt. Projektarbeit ist dagegen in der Peripherie. Die Zettelkastenmethode ist gewissermaßen agnostisch gegenüber der Verwendung des verarbeiteten Wissens. Wir könnten ein Leben lang mit einem Zettelkasten arbeiten, ohne auch nur einen einzigen Text zu veröffentlichen.

Gehen wir die drei Aspekte der Reihe nach durch, um dies zu vertiefen:

PARA vs Zettelkasten

Das System PARA ist eine nach zeitlicher Handlungsrelevanz angeordnete Ablage. Projekte kommen vor den Verantwortungsbereichen, weil sie einen kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont haben, Verantwortungsbereiche dagegen einen unbegrenzten Zeithorizont. Ressourcen und Archiv bilden die Schlusslichter, weil sie gewöhnlich weder Priorität haben, noch dringend sind.

Die Zettelkastenmethode basiert auf einem hierarchielosen Netzwerk. Es gibt Zettel und deren Verknüpfungen. Die Strukturzettel können dazu dienen, eine Hierarchie herzustellen, doch sie sind eher eine Darstellungsmöglichkeit für eine Menge von Zetteln. Man kann andere Strukturzettel mit alternativen Hierarchien erstellen oder gar welche mit einer nicht-hierarchischen Darstellung. Im Zettelkasten finden die eigenen Gedanken ein gleichberechtigtes Nebeneinander.

BASB ist eine Katze, ZKM ein Hund

Nehmen wir an, Du möchte Haustiere züchten. Sie sollen Begleittiere sein, die Menschen Gesellschaft leisten. Sowohl Hunde als auch Katzen sind schon seit Tausenden von Jahren Begleiter für uns Menschen. Doch die Weise, wie sie eine Beziehung zu uns Menschen eingehen ist völlig unterschiedlich. Diese erste Entscheidung, ob ich Hunde oder Katzen züchte, ist ein Grundentscheidung. Sicherlich kann ich über viele Jahre der Zucht Katzen folgsamer, treuer und stabiler im Temperament machen. Ich kann auch Hunde nach vielen Generationen ignoranter und launischer machen.53 Doch Hunde und Katzen haben zwei völlig unterschiedliche Grundweisen, den Menschen zu begleiten.

Das ist in etwa der Unterschied zwischen BASB und ZKM. BASB spricht die Sprache der Handlung. ZKM spricht die Sprache des Wissens. Die Grundkategorien von BASB sind Wichtigkeit und Dringlichkeit. Das sind Handlungskategorien. Die Grundkategorien von ZKM sind der atomare Gedanke und seine Beziehung zu anderen Gedanken. BASB wählt als Kategorien der Ablage PARA, ein Ordnersystem, das eine Hierarchie der Dringlichkeit darstellt. ZKM ist eine Heterarchie von Gedanken, die wie in der platonischen Ideenwelt frei im Äther schweben können.

Forte selbst stellt sich in die Tradition von David Allens Getting Things Done.54

Abgeschlossene Projekte gelten als die Blutversorgung des zweiten Gehirns:

Ich habe gelernt, dass abgeschlossene kreative Projekte der Blutfluss Deines zweiten Gehirns sind. Sie sorgen dafür, dass das ganze System genährt, frisch und einsatzbereit ist. Es spielt keine Rolle, wie organisiert, ästhetisch ansprechend oder beeindruckend Dein Notizsystem ist. Nur die regelmäßige Erledigung greifbarer Aufgaben kann Dir ein Gefühl von Entschlossenheit, Schwung und Erfolg vermitteln.55 (Meine Übersetzung und Hervorhebungen)

Und zu guter Letzt: Das progressive Zusammenfassen, die von Forte vorgeschlagene Methode der Verarbeitung von Quellen, ist eine einfache Methode des Markierens von Texten. Zu keinem Zeitpunkt löst man sich bei ihr von der Quelle. Sie ist damit nicht nur keine Verarbeitung von Quellen zu Wissen, sondern lediglich eine Aufbereitung von Quellen, sodass diese leichter zu überfliegen sind.

Ich sehe eine Schwachstelle: PARA bringt ein Element der Unruhe hinein.

Die Unruhe von PARA

PARA gründet sich nicht auf eine angenommene Korrektheit der Ablage (zum Beispiel auf eine ausgefuchste Metaphysik der Kategorien). Es ist ein Produktionsystem, das Informationen dort hinbringt, wo sie am ehesten gebraucht werden. Weil sich dies laufend ändert, ist das gesamte System einer andauernden Umwälzung und Neuordnung unterworfen:56

PARA ist kein Ablagesystem, es ist ein Produktionssystem. Es ist sinnlos, den “perfekten Ort” zu suchen, an den eine Datei oder eine Notiz gehört. Es gibt ihn nicht. Das ganze System ist ständig in Bewegung und verändert sich im Einklang mit Ihrem sich ständig verändernden Leben.57 (Meine Übersetzung)

Quellen und Notizen haben keinen festen Ort, sondern werden immer dorthin verschoben, wo sie am sinnvollsten aufgehoben scheinen. Bezieht man die drei aktiven Ordner (Projekte, Verantwortungsbereiche, Ressourcen) aufeinander, könnte man sagen, dass der interne Zweck der Verantwortungsbereiche ist, den Projektordner mit Projekten zu versorgen. Die Metapher der Blutversorgung, die Forte wählt, um die Rolle der abgeschlossenen Projekte zu beschreiben, ist an dieser Stelle treffend: Die Blutversorgung des Gehirns ist von absoluter Wichtigkeit. Ohne Blutfluss sterben die Nervenzellen innerhalb von Minuten. Wird der Projektordner nicht mit Projekten versorgt, stirbt das zweite Gehirn. Die zentrale Aufgabe des Nutzers ist, die Projekte abzuschließen und damit das Blut zurückzuführen. Ansonsten droht der Schlaganfall.

Einen Nebeneffekt davon sehe ich als Problem. Diese Dynamik bringt eine gewisse Unruhe in das System. Nichts hat seinen festen Ort. Für einzelne, kleine Projekte ist das kein Problem. Alles, was komplex ist und über einen langen Zeitraum besteht, braucht jedoch Stabilität und Konstanz. Wir brauchen vertraute Orte. Diese Vertrautheit entsteht dadurch, dass wir an diese Orte gehen und uns immer auf die gleiche Weise versichert wird: “Alles ist gut. Alles ist beim Alten. Du bist willkommen!”

Meine Beschäftigung mit psychischer Entropie ist ein gutes Beispiel dafür, dass für was BASB ungeeignet ist:

Ich habe einige Wochen gebraucht, um die Bereiche meines Zettelkastens aufzubauen, die das Thema “Psychische Entropie” betreffen. In der Sprache von BASB war dies ein Forschungsprojekt. Ich hatte zwar kein feste Frist, dafür aber zwei klare Ziele. Erstens wollte ich eine “Feynmansche Klarheit” erreichen. Das heißt, ich wollte das Phänomen soweit verstanden haben, dass ich es jemandem ohne zu stocken erklären konnte. Zweitens wollte ich die Strukturen so aufbauen, dass ich in Zukunft neues Wissen reibungslos eingliedern kann. Ich wollte einen Ort schaffen, der mir wie ein alter Bekannter scheint. Ersteres wäre noch mit BASB vereinbar gewesen, doch das zweite Ziel nicht.

Ich habe nicht nur viele solcher Forschungsprojekte. Sie erstrecken sich außerdem über viele Fachbereiche und über viele Jahre. Wenn ich einen Forschungstag mache, kann es durchaus sein, dass ich die Ergebnisse von 5 oder 6 solcher Forschungsprojekte verbinde. Das heißt, dass ich innerhalb von Stunden auf Wissen zugreifen muss, das ich über eine Spanne von 10–15 Jahren aufgebaut habe. Wäre das Wissen über Ordner in meinem zweiten Gehirn verteilt und ich gezwungen, mir solche Mengen an Wissen zusammenzusuchen, wäre meine Arbeit nicht möglich. Ich wäre zu langsam. Wenn ich eine Idee habe, muss sie in diesem Augenblick umsetzbar sein. Das schaffe ich nur mit meinem Zettelkasten, nicht aber mit dem PARA-System.

Forte empfiehlt sich auf die systemweite Suche zu verlassen.58 Doch meine Erfahrung mit der Zettelkastenmethode hat mir gezeigt, dass die Suchfunktion mit steigender Größe des Archivs unzuverlässiger und aufwändiger zu bedienen ist. Ich bin jetzt schon an dem Punkt, an dem die Suchfunktion ihren Nutzen verliert. Mein Zettelkasten ist schlicht und ergreifend zu komplex, damit die Suche eine zuverlässige Zugriffsmöglichkeit bietet.

Dieses Problem ist keineswegs nur für Menschen wie mich relevant. Es ergibt sich nämlich aus der Beziehung vom Wissen und dem Nutzer. Das oben beschriebene Problem ergibt sich immer dann, wenn man an den Grenzen der eigenen mentalen Kapazitäten arbeitet. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man an diese Grenze stößt, wenn man ein System lebenslang nutzt. Für einige kommt dieser Punkt nach wenigen Jahren und für andere eben nach 10 Jahren. Doch eines ist gewiss: Er kommt.

Das heißt nicht, dass BASB nutzlos wäre. BASB liefert ein System zum Informations- und Projektmanagement. Es liefert Werkzeuge, um Anforderung gerecht zu werden, die der Verarbeitung von Quellen vorgelagert sind. BASB ist so etwas wie Kombination aus Forstanlage und Holzlager. Die Zettelkastenmethode befasst sich dagegen mit der eigentlichen Verarbeitung von Wissen. Der Zettelkasten dagegen eine Tischlerei.

BASB ist ein Hybrid aus (1) Informationsmanagement- und (2) Projektmanagementsystem. Die Zettelkastenmethode ist eine Weise der Arbeit und Herstellung einer integrierten Denkumgebung.

Hat man diesen Unterschied verstanden, steht einer kombinierten Nutzen von beiden Methoden nichts im Wege!

CODE vs Zettelkastenmethode

‌Der Workflow CODE ist eine Methode der Ablage von bearbeiteten Quellen. An keiner Stelle löst man sich innerhalb des Systems von der Quelle. Man könnte dafür argumentieren, dass es beim Schritt Express geschieht. Dies ist aber technisch gesehen außerhalb des Systems.

Im Gegensatz dazu ist der Kern der ZKM genau diese Verarbeitung von Quellen zu einzelnen Gedanken und ihren Verbindungen zu anderen Gedanken. Die Vorbereitung der Quelle ist zwar eine Zubringermethode und Veröffentlichen von Inhalten mit Hilfe des Zettelkastens gehört zu Verwendung und Integration des Zettelkastens. Doch beide gehören nichtsdestotrotz in die Peripherie der Zettelkastenmethode.

So könnte man beide Methoden aufeinanderlegen und diesen Unterschied verdeutlichen:

Sie konzentrieren sich auf unterschiedliche Abschnitte der Gesamtwertschöpfungskette der Verarbeitung von Wissen.

Gewohnheiten von BASB vs ZKM

‌Die Gewohnheiten von BASB sind die typischen Gewohnheiten eines Verwaltungssystems. Es muss auf eine bestimmte Weise genutzt werden und es muss regelmäßig gewartet werden.

Die Zettelkastenmethode ist, was das angeht, genügsam. Es gibt eher Gewohnheitsempfehlungen, wie beispielsweise Forschungstage einzurichten. Doch die Zettelkastenmethode ist vielmehr eine andere Weise, das zu tun, was man bereits ohnehin tut. Daher gibt es zwei Grundempfehlungen:

  1. Gewöhnlich solltest du nichts zusätzlich tun, sondern das, was du ohnehin schon tust, mit dem Zettelkasten. Wenn man einmal die Handgriffe des Zettelkastens erlernt hat, sollte keine zusätzliche Arbeit entstehen.
  2. Die Arbeit mit dem Zettelkasten profitiert erheblich davon, die Strategien Newports tief-konzentrierte Arbeit (“Deep Work”) in den Alltag einzubauen. Zwar sind diese Strategien allgemeine Empfehlungen an eigentlich jeden Menschen, aber sie passen sehr gut zum Zettelkasten.

Du siehst, dass BASB und die ZKM zwei völlig unterschiedliche Ansätze des Arbeitens sind. Ihre Unterschiede kommen aber nicht daher, dass sie das gleiche Problem unterschiedlich lösen, sondern dass sie unterschiedliche Abschnitte der wissensbasierten Wertschöpfungskette betreffen. Das macht sie nicht nur leicht vereinbar. Ich halte es sogar für empfehlenswert, sie miteinander zu kombinieren. So erhält man das beste aus den Welten der auf Produktivität ausgerichteten Selbstorganisation und einer auf tiefes Verstehen ausgerichteten, integrierten Denkumgebung.

BASB und ZKM

Sehen wir uns die obige Graphik noch einmal an:

An diesem Diagramm können wir sehen, dass BASB genau das verwaltet, was außerhalb des Zettelkastens ist. Bei BASB geht es nicht darum, ein zweites Gehirn im direkten Sinne zu schaffen. Vielmehr geht es darum, all das an das System abzugeben, was nicht ins Gehirn gehört. BASB steht auch hier in der Tradition von GTD und leistet das Gleiche.

Das System und der Workflow von BASB und der ZKM sind problemlos miteinander zu vereinbaren. BASB benutzen wir für die Organisation von Quellen und Exzerpten. Unser Zettelkasten dient uns als integrierte Denkumgebung. Dort verarbeiten wir die gesammelten Quellen und Exzerpte zu atomaren Gedanken und verknüpfen sie miteinander.

Vom PARA-System aus betrachtet, ist der Zettelkasten sowohl für Ressourcen als auch für das Archiv verantwortlich. Projekte und Verantwortungsbereiche werden aufgeteilt: Die Inhalte gehören in den Zettelkasten, die Aufgaben in die Aufgabenorganisation.

Die Projektgewohnheiten kann man ohne weiteres auf ZKM übertragen.

Die Routine beim Projektstart, sähe so aus:

  1. Erstelle im Zettelkasten einen Strukturzettel für dein Projekt. Das ist dann der Ort, an dem du alles sammelst. Der Unterschied ist, dass du nur Verknüpfungen setzt, anstatt die eigentlichen Dateien zu verschieben. Das gilt für die Zettel sowieso, aber auch für Exzerpte und Quellen in Form von PDFs, Bücher usw.
  2. (Collect) Sammle alles auf dem Strukturzettel, was Du über das Projekt weißt.
  3. (Review) Durchsuche deinen Zettelkasten nach bereits vorhandenen Wissen und verweise darauf von Deinem Projektstrukturzettel
  4. (Search) Suche alle anderen Orte systematisch ab. (Wie Sammlungen von ungelesenen PDFs, Linklisten usw.)
  5. (Move) Das verschieben in einen Projektordner ist überflüssig. Alle Zettel bleiben, wo sie sind.

Das Ergebnis ist ein Zettel, der alle Informationen über das Projekt enthält. Er verweist auf alle Zettel, die für das Projekt relevant sind. Er verweist aber auch auf Quellen und Exzerpte, die außerhalb des Zettelkaste sind.

Die Routine beim Projektende, sähe so aus:

  • Mark und Cross Out sind Teil des Aufgabenmanagements und habe nichts mit dem Zettelkasten zu tun.
  • Review und Move sind bereits teilweise erledigt, im Extremfall sogar komplett: Schließlich hast du alle Gedanken im Zettelkasten entwickelt. Sie sind schon im Zettelkasten und komplett in dein Basisnetzwerk integriert. Bei jedem Zettel, den du schreibst, kannst du direkt beim Erstelle prüfen, ob der Zettel für ein anderes Projekt verwertbar ist. Das Einzige, was du bei Beendigung des Projekts prüfen kannst, ist, ob etwas im Manuskript beim Schreiben entstanden ist, dass du wieder in den Zettelkasten zurückführen willst. Das nenne ich “Rückverzettelung”.
  • If project becomes inactive ist überflüssig. Alles ist ohnehin im Zettelkasten.

Die Instandhaltungsgewohnheit Review von BASB hat nichts mit der Verarbeitung von Wissen zu tun, sondern mit Projekt- und Aufgabenmanagement. Wir nutzen die Gewohnheiten um das PARA-System aufzuräumen. Der Zettelkasten bleibt davon unberührt.

Meine persönlichen Lehren aus der Lektüre von Building a Second Brain sind die Folgenden:

Wie ich selbst BASB benutze

  1. Die Inbox kommt zurück. Ich habe Inboxen wieder eingeführt. Ursprünglich habe ich alle meine Inboxen eliminiert und alles sofort an die richtige Stelle eingegliedert. Eigentlich sind sie mir zuwider, doch ich habe sie als notwendiges Übel akzeptiert. Der Grund ist, dass ich aus Anlass meiner Lektüre von BASB wieder damit experimentiert habe, eine Inbox zu benutzen und ich habe festgestellt, dass ich doch leichter im Arbeitsfluss bleibe. Allerdings muss ich nun an meiner alten Schwierigkeit arbeitet, das Leeren der Inbox regelmäßig durchzuführen.
  2. Reviews kommen wieder zurück. Weil ich wieder eine Inbox habe, muss ich wieder Reviews machen – mindestens, um meine Inbox zu leeren. In meinem Aufgabenmanagement lautet die Aufgabe “Räume den Arbeitsplatz auf” und besteht aus 4 Teilaufgaben: (1) Die Adressen der Browsertabs in die Inbox werfen, (2) die Inbox meiner Aufgabenverwaltung (ich nutze Things) leeren, (3) meinen Schreibtisch aufräumen und zu guter Letzt (4) mein Arbeitszimmer.
  3. Die Verzettlungsroutine kommt zurück. Ursprünglich hatte ich meine eigene Version der 12 Lieblingsprobleme von Feynman. Ich hatte eine Sammlung von Zetteln zu verschiedenen Themen und Projekten, die ich grundsätzlich auf mögliche Verknüpfungsmöglichkeiten geprüft habe, wenn ich einen neuen Zettel erstellt habe. Nach einer langen Pause kommt diese zurück.
  4. Ich habe Lieblinge. Ich benutze PARA als Grundprinzip zur Ordnung von Quellen und Aufgaben. Quellen und kurze Notizen verwalte ich mit TaskPaper. Ursprünglich hatte ich eine rein thematische Ordnung. Diese habe ich nun zugunsten einer Abwandlung des PARA-Systems aufgegeben. Ich nenne sie lediglich meine Lieblinge, weil sie nicht nur Probleme sind, sondern wie im Falle einer Kurzgeschichtensammlung auch kreative Projekte.
  5. Ich habe von TaskPaper zu Things gewechselt. Things ist schneller, weniger komplex und liefert bereits vorgefertigte Funktionen für die Aufgabenverwaltung. Ich bin kein professioneller Aufgabenverwalter. Nachdem ich einmal zwei Wochen an Emacs verloren habe, will ich einen solchen Fehler nicht noch einmal machen. Things ist durch GTD inspiriert. Das passt hervorragend. Das Einzige, was mir fehlt, ist die Komplexität, die TaskPaper ermöglicht. Das ist für einige meiner langfristigen Forschungsinteressen wichtig, bei welchen es komplexe Abhängigkeiten gibt, die ich durch tiefes Einrücken abbilde. Aber es ist schon eine Lösung in Sicht: TaskPaper wird meine langfristige Forschung übernehmen.
  6. Ich lege mehr Wert auf Effektivität. Ich habe meinen Arbeitsstil auf mehr Effektivität (Veröffentlichung) und weniger auf Effizienz (Grundlagenarbeit, indirekte Arbeit) umgestellt.

Einer Empfehlung folge ich aber nicht: Forte empfiehlt die PARA-Struktur über alle Programme zu benutzen. Forte begründet dies so: Das System für persönliches Wissensmanagement sollte den gleichen Mustern wie das Aufgaben- und Projektmanagementsystem folgen, weil sie die gleiche Aufgabe haben: Sie sind Produktivitätswerkzeuge.

Mein Zettelkasten folgt einer völlig anderen Logik als mein Aufgaben- und Projektmanagementsystem. Auch meine Forschungsdatei, in der ich vielversprechende Quellen, Artikelideen und ähnliches sammle folgt nicht streng dem PARA-System, sondern eher einem ARA-System. Die Projekte, die ich den Verantwortungsbereichen zugeordnet habe, habe ich innerhalb der Verantwortungsbereiche nach Größe aufgeteilt. Kleine Artikel sind nicht nur leichter zu realisieren, sondern oft auch Teil von größeren Forschungs- und Schreibprojekten. Innerhalb der Verantwortungsbereiche habe ich also die Projekte nach ihrer Größe und damit Realisierbarkeit aufgeteilt.

Ich folge streng genommen nicht PARA, sondern einem übergeordneten Prinzip. PARA verstehe ich als eine Inkarnation dieses übergeordneten Prinzips: Dem Eisberg der Dringlichkeit.

PARA als Eisberg

Meiner Ansicht nach ist PARA eine Version eines allgemeinen Prinzips der Aufgabenhierarchie:

Wichtige Projekte sind dringend.

Modelle wie die Eisenhowermatrix legen nahe, dass die Wichtigkeit und die Dringlichkeit von Aufgaben und Projekten zwei voneinander unabhängige Eigenschaften sind. Kurzfristig trifft dies zwar zu, doch langfristig nicht. Es ist beispielsweise dringend, dass ich heute meinen Arbeitsplatz aufräume, damit ich einen sauberen Start in die nächste Woche habe. Doch wichtig ist das Aufräumen im Vergleich zur Fertigstellung des Artikels nicht. Aufräumen ist zwar dringend, weil mich die Unordnung gerade zu anschreit, aber wichtig ist das nicht. Ich könnte auch noch Jahre im Chaos weiterarbeiten. Die Fertigstellung des Artikels ist dagegen ein wichtiger Meilenstein im Zettelkastenprojekt. Ob ich ihn eine Woche früher oder später fertigstelle, macht dagegen nur einen geringen Unterschied.

Langfristig, auf Jahre und Jahrzehnte gesehen, sind wichtige Projekte immer dringend. Es mag vielleicht nicht dringend sein, dass ich diesen Artikel noch nächste Woche veröffentliche. Doch während ich das Aufräumen lebenslang aufschieben könnte, kann die Veröffentlichung dieses Artikels nicht länger als einen Monat warten.

Das Prinzip Wichtige Projekte sind dringend! ist ein Prinzip zweiter Ordnung, dass sich aus der Anwendung der Eisenhowermatrix ergibt: Sie kann nicht nur als Bestandsaufnahme der allgemeinen Situation benutzt werden, sondern auch als Leitprinzip, wie wir unser Leben gestalten sollten. Wir sollten es auf eine Weise gestalten, dass wir möglichst wenig Unwichtiges tun. Das erhöht Sinn und Bedeutung unseres Lebens. Wir sollten die wichtigen, aber nicht dringenden Projekte behandeln, als seien sie dringend. Das macht uns produktiv.

Daraus ergibt sich eine vereinheitlichende Hierarchie, die Wichtigkeit und Dringlichkeit miteinander vereint.

PARA folgt genau dem Prinzip. Die Verantwortungsbereiche sind das, was wichtig aber nicht dringend ist. Doch sie bringen laufend Projekte hervor, die wir als dringend behandeln. Projekte haben nämlich ein konkretes Ziel und gewöhnlich Fristen. PARA ist eine Methode, um laufend Wichtiges aber nicht Dringendes in Wichtiges und Dringendes umzuwandeln. Das ist meiner Ansicht nach ein Grund, weshalb BASB als Produktivitätswerkzeug funktioniert.

PARA hat eine Art Eisbergdynamik. Nur der kleinste Teil, die Projekte, schwimmt oberhalb der Wasseroberfläche. Der Rest bleibt unter der Wasseroberfläche verborgen. Doch unter der Wasseroberfläche friert Wasser am Eisberg fest und vergrößert ihn. Dadurch gewinnt der Eisberg mehr Auftrieb und mehr von ihm ragt über das Wasser hinaus. Die Verantwortungsbereiche und die Ressourcen geben dem Gesamtsystem einen größer werdenden Auftrieb. Sie drücken gewissermaßen Projekte über die Wasseroberfläche in unser Bewusstsein. Und wenn man die Metapher etwas überreizen will: Das Eis über dem Wasser kann als wertvolles Süßwasser abgebaut und getrunken werden.

Meine obige Kritik der Unruhe wird an dieser Stelle relativiert. Unruhe ist eine notwendige Nebenwirkung von Dringlichkeit. Diese systemimmanente Unruhe wird durch den laufenden Fokus auf Projekte ausgeglichen. Während der Arbeit mit dem zweiten Gehirn fixieren wir die jeweiligen Projekte, während wir die Unruhe des restlichen Systems ignorieren. Wir können die Unruhe ignorieren, weil sie vor uns verborgen ist. Der größte Teil des Eisbergs bleibt unter dem Wasser. Die Ordner für Verantwortungsbereiche, Ressourcen und Archiv bleiben geschlossen.

Für die nötige Ruhe für Wissensarbeit sorgt mein Zettelkasten. Er gibt mir das feste Fundament. Die Unruhe von PARA berührt meinen Zettelkasten nicht, sondern betrifft nur meine Quellenverwaltung. Für mein Gesamtsystem ist der Zweck meines PARAs, in Projekten sortierte Quellensammlungen bereitzustellen. PARA ersetzt hier mein altes, nach Themen sortiertes System und richtet meine Forschung auf konkrete Projekte aus. Diese Dynamik hilft mir durch zwei mögliche Richtungen:

  1. Wenn ich eine Quelle zuordne, gehe ich eine Hierarchie der Umsetzbarkeit durch. Das heißt, dass die Quelle dort abgelegt wird, wo sie am wahrscheinlichsten einem Projekt zu Gute kommt.
  2. Je mehr Quellen ich größeren und damit schwieriger umzusetzenden Projekten zuordne oder gar allgemeinen Verantwortungsbereiche, desto wahrscheinlicher ist, dass ich das Projekt in Teilprojekte strukturiere. Das führt dazu, dass sich ein größeres Projekt in mehr kleine und damit umsetzbarere Teilprojekte aufteile oder sich sogar Projekte in Verantwortungsbereichen herausbilden.

Abschließende Worte

Building a Second Brain und die Zettelkastenmethode betreffen völlig unterschiedliche Abschnitte der wissensbasierten Wertschöpfungskette, die bei den Quellen der Welt startet und in Veröffentlichungen und ihrer praktischen Umsetzung mündet.

BASB betrifft die Verwaltung und oberflächliche Aufbereitung von Quellen und schlägt dann vor, von aufbereiteten Quellen direkt zur Veröffentlichung und Umsetzung voranzuschreiten. Das heißt, dass die eigentliche Denkarbeit im Manuskript stattfinden muss.

Die Zettelkastenmethode betrifft dagegen vor allem die eigentliche Denkarbeit und schlägt vor, Quellen gründlich und tiefgreifend zu verarbeiten, sodass die Gedanken und ihre Verbindungen zueinander im Zettelkasten offengelegt werden. Das verlagert die Denkarbeit in den Zettelkasten hinein.

Beide Methoden sind aufgrund ihrer geringen Überschneidung leicht miteinander zu vereinbaren.

Für mich persönlich hat das Buch einen ähnlichen Effekt wie die Lektüre von Deep Work 59 von Cal Newport. Seine Lektüre war Anlass, mein System zu verbessern. Ich arbeite nun seit ca. einigen Monaten (2023-03-03) mit BASB als Teil meines gesamten Workflows und bin sehr zufrieden. Ich kann eine klare Leseempfehlung ausgeben.

  1. David Allen (2015): Getting Things Done. The Art of Stress-Free Productivity, Elcograf: Piatkus. p. 14. 

  2. 212 

  3. 140 

  4. David Allen (2015): Getting Things Done. The Art of Stress-Free Productivity, Elcograf: Piatkus. p. 16. 

  5. Jacob B. Hirsh, Raymond A. Mar, and Jordan B. Peterson (2012): Psychological entropy: a framework for understanding uncertainty-related anxiety., Psychological review, 2012, Vol. 119 2, pp 304-20. 

  6. Forte 2022, 86ff, 103/104 

  7. Forte 2022, 108 

  8. Jacob B. Hirsh, Raymond A. Mar, and Jordan B. Peterson (2012): Psychological entropy: a framework for understanding uncertainty-related anxiety., Psychological review, 2012, Vol. 119 2. 

  9. Forte 2022, 90 

  10. Forte 2022, 91 

  11. Forte 2022, 91 

  12. Forte 2022, 94 

  13. Forte 2022, 90 

  14. Forte 2022, 94 

  15. Forte 2022, 94 

  16. Forte 2022, 94 

  17. Forte 2022, 94 

  18. Forte 2022, 94 

  19. Forte 2022, 90 

  20. Forte 2022, 95 

  21. Forte 2022, 86ff., 102, 103/104 

  22. Forte 2022, 102 

  23. Forte 2022, 102 

  24. Forte 2022, 102 

  25. Forte 2022, 102 

  26. Forte 2022, 102 

  27. Forte 2022, 120 

  28. Forte 2022, 140 

  29. Forte 2022, 151ff. 

  30. Forte 2022, 201 

  31. Forte 2022, 203/204 

  32. Forte 2022, 204 

  33. Forte 2022, 204 

  34. Forte 2022, 204 

  35. Forte 2022, 205 

  36. Forte 2022, 206 

  37. Forte 2022, 208 

  38. Forte 2022, 208/209 

  39. Forte 2022, 209 

  40. Forte 2022, 210 

  41. Forte 2022, 212 

  42. Forte 2022, 213 

  43. Forte 2022, 213 

  44. Forte 2022, 213 

  45. Forte 2022, 214 

  46. Forte 2022, 214/215 

  47. Forte 2022, 215 

  48. Forte 2022, 216 

  49. Forte 2022, 216 

  50. Forte 2022, 216/217 

  51. Forte 2022, 217 

  52. Forte 2022, 140 

  53. Du kannst ja mal raten, ob ich eher ein Hunde- oder Katzenmensch bin. :) 

  54. Forte 2022, 212 

  55. Forte 2022, 108 

  56. Forte 2022, 104 

  57. Forte 2022, 104 

  58. Forte 2022, 158ff. 


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